#67: Wie lange soll ich mich auf die Gründung vorbereiten?

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Wie lange soll ich mich auf die Gründung vorbereiten?

Eine der häufigsten Fragen angehender Gründer lautet: Wie lange sollte ich mich auf meine Selbstständigkeit vorbereiten? Gibt es eine Faustregel, einen festen Zeitrahmen oder einen idealen Moment für den Start? Die Antwort mag zunächst enttäuschend klingen, denn sie lautet weder “genau 72 Tage” noch “so lange, bis du dich bereit fühlst”. Die Wahrheit liegt – wie so oft beim Gründen – in einer ausgewogenen Mischung aus Struktur und Bauchgefühl.

Die administrative Gründung vs. der Gründungsprozess

Zunächst ist es wichtig, zwischen zwei Aspekten zu unterscheiden:

Die formale Gründung:

Der rein administrative Akt – Gewerbeanmeldung, Finanzamt, Sozialversicherung – kann erstaunlich schnell gehen:

  • Bei einem Ein-Personen-Unternehmen: etwa 1-2 Wochen
  • Bei einer GmbH: etwa 3-4 Wochen

Der Gründungsprozess:

Die tatsächliche Vorbereitung beginnt aber viel früher – mit dem ersten Gedanken an die Selbstständigkeit, der Auseinandersetzung mit der Geschäftsidee und all den Überlegungen, die dazu führen, dass du bereit bist für den Schritt in die Selbstständigkeit.

Das Pareto-Prinzip der Gründungsvorbereitung

Eine hilfreiche Faustregel: Ziel ist eine Vorbereitung zu etwa 80 Prozent. Die restlichen 20 Prozent kannst und wirst du ohnehin erst im Tun lernen. Es geht nicht darum, alles vorab zu wissen oder für jede Eventualität gewappnet zu sein – das ist unmöglich. Vielmehr solltest du so weit vorbereitet sein, dass du deine Chancen maximal erhöhst.

Die Vorbereitung dient also dazu:

  • Grundlegende Risiken zu erkennen und zu minimieren
  • Einen klaren Plan für die ersten Schritte zu haben
  • Dich mental auf die Herausforderungen einzustellen
  • Praktische Aspekte wie Finanzierung zu klären

Der richtige Zeitpunkt: Die “Hummeln im Hintern”

Der deutsche Entrepreneurship-Professor Günter Faltin prägte in seinem Buch “Kopf schlägt Kapital” den Ausdruck, dass man den richtigen Gründungszeitpunkt daran erkennt, dass man “die Hummeln im Hintern spürt” – also kaum noch stillsitzen kann vor Tatendrang.

Dieser Moment stellt sich typischerweise ein, wenn:

  • Du dich intensiv mit deiner Idee auseinandergesetzt hast
  • Du das Gefühl hast, an alles Wesentliche gedacht zu haben
  • Du dich fit und startbereit fühlst
  • Du innere Ungeduld verspürst, endlich loszulegen

Wichtig dabei: Dieser Moment kommt nicht von heute auf morgen. Er ist das Ergebnis einer längeren Phase des intensiven Auseinandersetzens und Ringens mit der Geschäftsidee.

Ein Zeitrahmen als Orientierung

Erfahrungswerte aus dem Unternehmensgründungsprogramm, das Gründer beim Übergang von der Arbeitslosigkeit in die Selbstständigkeit unterstützt, zeigen: Etwa sechs Monate sind für die “heiße Phase” der Gründungsvorbereitung ein sinnvoller Zeitrahmen.

In diesen sechs Monaten geht es darum:

  • Die Geschäftsidee zu konkretisieren und zu validieren
  • Einen detaillierten Finanzplan zu erstellen
  • Marketingstrategien zu entwickeln
  • Die Website und andere Präsenzmaterialien vorzubereiten
  • Sich mit rechtlichen und steuerlichen Fragen auseinanderzusetzen
  • Ggf. ein Ausstiegsszenario aus dem Angestelltenverhältnis zu planen

Viele Gründer berichten rückblickend, dass diese sechs Monate überraschend schnell vergingen. Wer in dieser Phase erst beginnt, seine grundlegende Geschäftsidee zu finden, wird wahrscheinlich unter Zeitdruck geraten.

Das Spannungsfeld zwischen Planung und Intuition

Als Gründer bewegst du dich stets in einem Spannungsfeld:

Einerseits ist es wichtig, auf dein Bauchgefühl zu hören und den Moment zu erkennen, in dem du bereit bist. Andererseits brauchen die meisten Menschen einen zeitlichen Rahmen, um fokussiert zu bleiben und ihre Energie gezielt einzusetzen.

Ein konkreter Zeithorizont – beispielsweise “Ich möchte mich im September selbstständig machen” – gibt dir einen Fokuspunkt. Ohne einen solchen Ankerpunkt kann sich die Vorbereitung endlos hinziehen oder im Sande verlaufen.

Verschiedene Gründertypen brauchen unterschiedliche Ansätze

Nicht jeder Mensch tickt gleich:

  • Manche brauchen den Druck einer Deadline, um produktiv zu werden
  • Andere benötigen eine lange Planungsphase, um sich sicher zu fühlen
  • Wieder andere springen lieber ins kalte Wasser und lernen beim Schwimmen

Egal, welcher Typ du bist: Eine gewisse Struktur und zeitliche Orientierung ist hilfreich. Selbst wenn du zu den “Deadline-Junkies” gehörst, die erst kurz vor knapp in Hochform auflaufen – ohne ein Zieldatum wirst du möglicherweise nie in diese produktive Phase kommen.

Die Rolle externer Beratung

Die Einschätzung des eigenen Vorbereitungsstands fällt vielen schwer. Hier können Gründungsberater wertvolle Unterstützung bieten, da sie:

  • Objektiven Blick auf den Reifegrad deiner Geschäftsidee haben
  • Erfahrung mit verschiedenen Gründungstypen und -branchen mitbringen
  • Einschätzen können, wo noch Lücken bestehen
  • Realistische Zeitrahmen vorschlagen können

Während Familie und Freunde oft entweder übermäßig enthusiastisch oder unbegründet skeptisch sind, und erfahrene Unternehmer manchmal zu schnellem Handeln raten (“Mach einfach!”), kann ein Gründungsberater gezielt auf deine individuelle Situation eingehen.

Ein praktischer Ansatz

Ein bewährter Weg könnte so aussehen:

  1. Zeithorizont setzen: Lege einen groben Zeitpunkt fest (z.B. “in etwa 9 Monaten”)
  2. Rückwärts planen: Markiere den Beginn der “heißen Phase” etwa 6 Monate vor dem Zieldatum
  3. Meilensteine definieren: Setze dir konkrete Zwischenziele
  4. Flexibel bleiben: Sei bereit, den Zeitplan anzupassen, wenn nötig
  5. Externes Feedback einholen: Hole dir regelmäßig Rückmeldung von Gründungsberatern oder erfahrenen Unternehmern
  6. Auf dein Bauchgefühl hören: Achte auf die “Hummeln im Hintern” als Signal der Startbereitschaft

Ein Wort zum Schluss

Die Frage “Wie lange soll ich mich auf die Gründung vorbereiten?” lässt sich nicht pauschal beantworten. Aber mit einem strukturierten Ansatz, realistischen Zeithorizonten und der richtigen Balance zwischen Planung und Intuition findest du deinen persönlichen Weg.

Wichtig ist, Druck herauszunehmen: Es geht nicht um perfekte Vorbereitung, sondern um eine solide Basis, auf der du aufbauen kannst. Selbst mit der besten Vorbereitung wirst du auf dem Weg in die Selbstständigkeit Rückschläge erleben und dazulernen – das gehört zum Gründerprozess dazu.

Übrigens: In einem kostenlosen Gründungs-Checkup helfen wir dir gerne dabei, deinen persönlichen Vorbereitungsstand einzuschätzen und einen realistischen Zeitrahmen für deine individuelle Situation zu entwickeln. Gemeinsam finden wir heraus, wie lange deine Vorbereitung noch dauern sollte – egal ob es nun 72 Tage sind oder ein ganz anderer Zeitraum!

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