Der Podcast
Grenzen setzen als Selbstständige: Erfahrungen einer erfolgreichen Unternehmensberaterin
Der Weg in die Selbstständigkeit ist oft geprägt von dem Wunsch nach mehr Freiheit und Selbstbestimmung. Doch genau diese Freiheit kann zur Herausforderung werden, wenn es darum geht, klare Grenzen zwischen Beruf und Privatleben zu ziehen. Ulrike Steiger, Unternehmensberaterin für HR-Management und Organisationsentwicklung, hat diesen Weg gemeistert und teilt ihre wertvollen Erfahrungen mit uns.
Der Weg in die Selbstständigkeit
Ulrike Steiger kam über Umwege zu ihrer heutigen Tätigkeit. Mit einem ursprünglichen Hintergrund im Maschinenbau und langjähriger Erfahrung als Führungskraft und Head of HR in der IT- und Kraftwerksbranche wagte sie 2022 den Schritt in die Selbstständigkeit.
Der Hauptgrund für diesen Wechsel? “Der Wunsch nach mehr Selbstbestimmung”, erklärt sie. Nach vielen Jahren in Konzernen wollte sie ihre eigenen Ziele und Projekte vorantreiben, statt nur die Vorgaben des Konzerns umzusetzen.
Typische Herausforderungen beim Übergang:
- Lange Entscheidungsphase aufgrund von Sicherheitsdenken
- Hybride Phase mit parallelem Angestelltenverhältnis
- Zunächst nur wenige Stunden pro Woche für die Selbstständigkeit
- Allmähliche Steigerung bis zur 50:50-Aufteilung
- Letztendlich der Sprung in die Vollzeit-Selbstständigkeit
Interessanterweise dauerte der Entscheidungsprozess mehrere Jahre – ein Hinweis darauf, dass Gründen oft kein spontaner Entschluss ist, sondern ein reifender Prozess. Den endgültigen Ausschlag gab schließlich ein großer Auftrag, der das nötige Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten stärkte.
Die Herausforderung der Grenzsetzung
Eine der größten Herausforderungen für viele Selbstständige ist die Balance zwischen Beruf und Privatleben, besonders wenn der Unternehmensstandort auch der Wohnort ist. Die typische Annahme “Du bist ja zu Hause, kannst du nicht schnell…?” kennen viele Solopreneure nur zu gut.
Typische Grenzüberschreitungen:
- Nachbarn, die Pakete abgeben möchten
- Familienmitglieder, die spontane Kinderbetreuung erwarten
- Freunde, die zu Kaffeekränzchen einladen
- Eigene Versuchung, private Aufgaben während der Arbeitszeit zu erledigen
Ulrike Steiger begegnet diesen Herausforderungen mit klarer Kommunikation: “Ganz offen und ehrlich Nein zu sagen und zu erklären, warum ich jetzt nicht verfügbar bin, ist entscheidend.” Sie macht ihrem Umfeld deutlich, dass sie zwar physisch zu Hause, aber nicht frei ist.
Selbstmanagement durch klare Strukturen
Was Ulrike Steiger besonders auszeichnet, ist ihr durchdachtes Regelwerk für den Arbeitsalltag. Vor ihrer vollständigen Selbstständigkeit hat sie sich intensiv mit der Gestaltung ihres Arbeitsalltags beschäftigt:
Elemente ihres persönlichen Arbeitsvertrags:
- Festgelegte Arbeitszeiten
- Fixe Telefonzeiten
- Transparent kommunizierte Erreichbarkeit
- Geplante Essens- und Pausenzeiten
- Klare Regel: Keine Arbeit nach 19 Uhr und am Wochenende
“Ich habe im Grunde eine Arbeitszeitrichtlinie für mich aufgestellt”, erklärt sie. Diese Selbstverpflichtung hat sie nicht nur visualisiert und aufgeschrieben, sondern sogar unterschrieben und neben ihrem Schreibtisch an die Wand geheftet – ein starkes Symbol für die Verbindlichkeit dieser Vereinbarung mit sich selbst.
Gesundheit und Work-Life-Balance
Die Einhaltung dieser Grenzen ist für Ulrike Steiger nicht nur eine Frage der Disziplin, sondern auch der Gesundheit. “Ich habe es auf die harte Tour gelernt”, erzählt sie. Übermäßiges Arbeiten schlug sich bei ihr auf die Gesundheit und damit einhergehend auf die Motivation nieder.
Gesundheitsfördernde Routinen in ihrem Alltag:
- Feste Essenszeiten mit gesunden Mahlzeiten statt “Zwischendurch-Häppchen”
- Kurzes Mittagsschläfchen (15 Minuten) zum “Hirn durchlüften”
- Tägliche Bewegung im Freien (Spaziergang, Laufen oder andere Sporteinheiten)
- Wöchentliche Planung am Montagmorgen
- Zeitblöcke für verschiedene Aufgabenbereiche (Buchhaltung, Akquise, etc.)
Auswirkungen auf den beruflichen Erfolg
Eine häufige Sorge von Selbstständigen ist, dass klare Grenzen den geschäftlichen Erfolg beeinträchtigen könnten. Ulrike Steigers Erfahrung zeigt jedoch das Gegenteil: “Kundenseitig wird das nicht als Einschränkung wahrgenommen. Da ist man gewohnt, dass es Geschäftszeiten gibt.”
Sie weist darauf hin, dass im HR-Beratungsbereich “keine Leben gerettet” werden. Wenn sie am Freitagnachmittag eine Anfrage bekommt, antwortet sie schlicht, dass sie sich am Montag melden wird. Die befürchteten negativen Reaktionen bleiben aus – ein Hinweis darauf, dass viele Sorgen bezüglich ständiger Verfügbarkeit oft nur in unseren eigenen Köpfen existieren.
Flexibilität bewahren trotz klarer Struktur
Ein wichtiger Aspekt in Ulrike Steigers Ansatz ist die regelmäßige Überprüfung und Anpassung ihrer Regeln. “Ich schaue einmal im Jahr drauf, ob das noch passt. Hat sich meine Lebenssituation geändert? Hat sich meine Auslastungssituation geändert?”
Sie betont, dass diese Regeln nicht in Stein gemeißelt sind, sondern ein lebendiges Konstrukt, das sich mit den eigenen Bedürfnissen und der geschäftlichen Entwicklung verändern darf und soll. Je nach Lebenssituation kann diese Überprüfung auch häufiger stattfinden.
Ein Tipp für angehende Selbstständige
Auf die Frage nach einem Ratschlag für Menschen, die mit dem Gedanken an Selbstständigkeit spielen, antwortet Ulrike Steiger ohne zu zögern: “Red drüber. Je mehr Menschen du davon erzählst, umso sicherer wirst du dir selbst, umso mehr Feedback bekommst du auch. Teil die Ideen. Hör zu, was die anderen sagen.”
Dieser Rat unterstreicht, wie wichtig der Austausch und die Reflexion mit anderen sind – nicht nur für die Geschäftsidee selbst, sondern auch für die persönliche Sicherheit im Entscheidungsprozess.
Erste Schritte für besseres Selbstmanagement
Für alle, die sich mit dem Thema Grenzsetzung schwertun, hat Ulrike Steiger einen einfachen Einstiegstipp: “Jeder kann sagen, was er nicht will. Das niederzuschreiben und zu visualisieren – ob handschriftlich oder digital – ist ein wichtiger erster Schritt.”
Diese Herangehensweise über die “Negativ-Definition” kann oft leichter fallen als die positive Formulierung von Regeln und bietet einen niederschwelligen Einstieg in das bewusste Selbstmanagement.
Ein Wort zum Schluss
Ulrike Steigers Erfahrungen zeigen eindrucksvoll, dass klare Grenzen in der Selbstständigkeit kein Hindernis für den Erfolg sind, sondern im Gegenteil die Grundlage für nachhaltiges Arbeiten, Gesundheit und Zufriedenheit bilden. Ihr strukturierter Ansatz mit einem persönlichen “Arbeitsvertrag” bietet wertvolle Anregungen für alle, die den Spagat zwischen beruflicher Freiheit und notwendiger Struktur meistern wollen.
Übrigens: In einem kostenlosen Gründungs-Checkup unterstützen wir dich dabei, deinen eigenen Weg in die Selbstständigkeit zu finden und passende Strukturen für deine individuelle Situation zu entwickeln. Gemeinsam schaffen wir die Grundlage für deinen nachhaltigen Erfolg als Selbstständige/r!
Die Links
Ulrike Steigers Website
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