Der Podcast
Weniger ist mehr: Digitale Tools für Solopreneure im Arbeitsalltag
In der Welt der Solopreneure ist Zeit eine knappe Ressource. Digitale Tools versprechen Unterstützung und Effizienz – doch die schiere Anzahl der Möglichkeiten kann überwältigend sein. Günter Schmatzberger und Camillo Patzl, beide erfahrene Gründungsberater, teilen ihre Erfahrungen mit digitalen Werkzeugen und erklären, warum manchmal weniger tatsächlich mehr ist. Ein Gespräch über sinnvollen Technologieeinsatz, verführerische Ablenkungen und die drei unverzichtbaren Tools für den Solo-Unternehmeralltag.
Die Herausforderung der Tool-Vielfalt
„Es gibt unüberschaubar viele Tools. Ich glaube, es ist teilweise sogar überfordernd für manche Gründer und Gründerinnen“, erklärt Camillo Patzl. Gerade für Solopreneure, die ohnehin mit dem Aufbau ihres Geschäfts, der Kundenakquise und dem Verkauf ihrer Produkte oder Dienstleistungen beschäftigt sind, kann die Suche nach den richtigen digitalen Werkzeugen eine zusätzliche Belastung darstellen.
Die Experten sind sich einig: Die besten Tools sind jene, die am wenigsten Zeit kosten. „Coole, tolle, bunte, schöne Sachen gibt es zahlreich. Und Achtung, sie verleiten sehr leicht, dass man sich damit ablenkt, dass man sich damit befasst und der Fokus in eine falsche Richtung rennt“, warnt Patzl.
Zwei grundlegende Probleme mit digitalen Tools
Günter Schmatzberger identifiziert zwei Hauptprobleme im Umgang mit digitalen Werkzeugen:
- Die Illusion der Problemlösung durch Kauf: „Mit dem Kauf eines neuen Tools kaufen wir uns gleichzeitig auch den Glauben, dass damit unsere Probleme gelöst sind.“ Ähnlich wie beim Kauf eines Buches, bei dem man glaubt, mit dem Erwerb auch automatisch das Wissen zu besitzen, übersehen wir oft, dass Tools Zeit für Einarbeitung und regelmäßige Nutzung erfordern.
- Wachsende Komplexität durch Unwissenheit: „Es passiert uns so leicht, dass wir aufgrund unseres Unwissens über die bestehenden Tools uns neue Tools dazu kaufen, obwohl wir nicht wissen, dass wir das schon mit dem Tool lösen hätten können, das wir schon haben.“
Die Folge: Eine ständig wachsende Anzahl an Tools, die mehr Komplexität statt Vereinfachung bringen. „Wir kaufen immer mehr in der Hoffnung, dass wir uns damit leichter tun, aber in Wirklichkeit vergrößern wir nur die Komplexität.“
KI als Game Changer – mit einer wichtigen Einschränkung
Künstliche Intelligenz bietet für Solopreneure enormes Potenzial. „Anstatt dass wir uns jemanden einstellen, der uns hilft, unsere Workloads zu bewältigen, gibt es oder wird es immer schneller Möglichkeiten geben, sich hier Unterstützung zu holen“, erklärt Patzl.
Schmatzberger betont jedoch: „Es ist genauso wie bei einem neuen Mitarbeiter – wenn ich mir ein digitales Tool an Bord hole, dann braucht es genauso viel Zeit für die Einschulung. Ich kann nicht einfach sagen, jetzt habe ich die ChatGPT-Lizenz und jetzt bitte mach die Arbeit für mich, sondern es braucht ein Investment in dieses Tool.“
Der Vorteil gegenüber menschlichen Mitarbeitern liegt auf der Hand: „Das Tool geht nicht in den Krankenstand, braucht keinen Urlaub und arbeitet 24 Stunden am Tag, wenn ich das will.“
Die drei unverzichtbaren Tools der Experten
Günter Schmatzbergers Top 3:
- Notion: „Notion ist eine Mischung aus Notiz- und Datenbank-App. Alles, was ich manage, alle Informationen über mein Business – das ist alles in Notion.“ Von der Videoclip-Verwaltung über Kundendaten bis zur Podcastplanung – Notion dient als zentrale Arbeitsoberfläche.
- ChatGPT: Als relativ neues, aber unverzichtbares Werkzeug schätzt Schmatzberger besonders die Möglichkeit, Custom-GPTs zu erstellen. „Ich füttere ChatGPT mit bestimmten Informationen von mir und kann mir dann meinen eigenen Gesprächspartner, meinen eigenen Marketingberater, meinen eigenen Kundenavatar bauen.“
- Kalender und E-Mail: „Das klingt sehr basic, aber es ist echt, echt wichtig.“ Ein gut funktionierender digitaler Kalender, idealerweise verbunden mit einem Taskmanager, bildet die Grundlage für effizientes Zeitmanagement.
Camillo Patzls Top 3:
- Digitaler Kalender (Outlook): Nach langem Festhalten an einem handschriftlich geführten Kalender ist Patzl auf Outlook umgestiegen. „Digital, den habe ich immer bei mir. Den habe ich in der Hosentasche, den nehme ich mit und wenn ich irgendwo gefragt werde, kann ich Auskunft geben, wann das nächste Zeitfenster ist.“
- Remote-Verbindungs-Software: Als Prozessberater sind Tools wie TeamViewer oder Anydesk für Patzl unverzichtbar. „Ich schaue mir oft mit dem Kunden gemeinsam auf seinem Arbeitsplatz in der Software Beispiele an, wie wir da weiterarbeiten und gemeinsam eine Lösung finden.“
- Trello: Für die Projektplanung nutzt Patzl Trello als Kanban-Board. „Man kann seine offenen Projekte sehen, tracken und laufen lassen. Es kann zum Teil in Richtung Auftragsabwicklung gehen und gibt einen guten Überblick, wo man gerade steht.“
Bonus: Podcast-Produktion mit KI-Unterstützung
Beide Experten nutzen verschiedene KI-Tools für ihre gemeinsame Podcast-Produktion: zur Verbesserung der Tonqualität, für den Videoschnitt und für die Erstellung von Covers (mit Canva). „Das sind einfach digitale Helfer, die wir am Weg für uns erhoben haben und die sich gut etabliert haben. Die machen unser Leben leichter, dass wir uns wertvolle Minuten oder sogar Stunden sparen.“
Das Wichtigste für Solopreneure: Fokus bewahren
Die zentrale Botschaft der Experten ist klar: Weniger ist mehr. „Lieber weniger Tools haben, in denen ich mich gut auskenne und wo ich wirklich das Gefühl habe, ich kann das ausschöpfen und es hilft mir wirklich“, rät Schmatzberger.
Tools müssen Zeit sparen, nicht kosten. Sie sollten den Arbeitsalltag erleichtern, nicht verkomplizieren. Und vor allem sollten sie dem Solopreneur dienen – nicht umgekehrt.
Leitfragen für die Toolauswahl
Aus dem Gespräch lassen sich drei wichtige Leitfragen für die Auswahl digitaler Tools ableiten:
- Habe ich wirklich die Zeit, mich in dieses Tool einzuarbeiten?
- Kann ich mit den Tools, die ich bereits besitze, dasselbe erreichen?
- Wird dieses Tool tatsächlich meine Produktivität steigern oder mich nur ablenken?
Ein Wort zum Schluss
Die Digitalisierung bietet Solopreneuren enorme Chancen. Mit der richtigen Auswahl an Tools können auch Einzelkämpfer effizient arbeiten und mit größeren Unternehmen mithalten. Doch die Kunst liegt nicht im Besitz vieler Tools, sondern in der geschickten Nutzung weniger, gut ausgewählter Werkzeuge.
Oder wie Camillo Patzl es formuliert: „In der Solo-Selbstständigkeit habe ich den Vorteil, ich kann es selber entscheiden. Ich kann auswählen, was bringt mir etwas, was sortiere ich aus – und da wirklich teilweise rigoros ausmisten.“
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