#77: Wie starte ich ein Unternehmen mit wenig Kapital?

Der Podcast

Wie starte ich ein Unternehmen mit wenig Kapital?

Die Frage nach dem nötigen Startkapital beschäftigt fast alle angehenden Gründer. Während manche von Anfang an über Kredite oder Investoren nachdenken, um ihr Vorhaben zu finanzieren, lohnt es sich, zunächst einen Schritt zurückzutreten und grundsätzlich zu überlegen: Brauche ich wirklich viel Kapital für meine Geschäftsidee? Die Antwort könnte überraschend ausfallen.

Die passende Größe für deine Geschäftsidee finden

Jede Geschäftsidee hat eine natürliche, passende Größe. Ein Grafikdesigner kann als Solopreneur starten, zu zweit arbeiten oder eine große Agentur aufbauen. Ein Flughafen hingegen lässt sich nicht “klein” anfangen – hier ist von vornherein eine bestimmte Infrastruktur und damit ein hohes Kapital erforderlich.

Das Geheimnis liegt darin, die zu deinen aktuellen Möglichkeiten passende Größe zu finden. Wenn deine Geschäftsidee zwingend viel Kapital benötigt, du aber nur wenig zur Verfügung hast, ist möglicherweise die Idee zu groß für deine derzeitige Situation – nicht umgekehrt.

Die Risiken von zu viel Fremdkapital am Start

Gerade in der Gründungsphase, wenn noch nicht bewiesen ist, dass die Geschäftsidee funktioniert, kann zu viel Fremdkapital problematisch werden:

Das neue Hamsterrad

Wer von Beginn an hohe Fixkosten durch Kredite, Mieten oder Leasingraten hat, baut sich möglicherweise ein neues Hamsterrad. Die Flexibilität, die eigentlich ein Hauptvorteil der Selbstständigkeit ist, geht verloren, weil jeden Monat bestimmte Summen erwirtschaftet werden müssen.

Druck statt Kreativität

Hohe Fixkosten erzeugen Druck. Statt kreativ und experimentell an die Geschäftsentwicklung heranzugehen, stehen Gründer unter dem Zwang, schnell Umsätze zu generieren – oft nicht die beste Voraussetzung für nachhaltigen Erfolg.

Unvorhergesehene Krisen

Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie schnell sich Märkte verändern können. Gründer mit hohen Fixkosten standen plötzlich vor existenziellen Problemen, während flexiblere Solo-Businesses oft besser durch die Krise navigieren konnten.

Zwei strategische Ansätze

Wenn du vor der Frage stehst, wie du mit wenig Kapital starten kannst, gibt es grundsätzlich zwei Wege:

Ansatz 1: Die Geschäftsidee verkleinern (Downscaling)

Überlege, ob sich deine Idee in einer kleineren, kapitalarmen Variante umsetzen lässt:

  • Statt einem eigenen Café vielleicht zunächst ein mobiler Kaffeestand
  • Statt einem großen Lager zunächst Drop-Shipping oder Just-in-Time-Lieferung
  • Statt einem eigenen Büro zunächst Homeoffice oder Coworking

Ansatz 2: Kapital beschaffen

Wenn sich die Geschäftsidee nicht sinnvoll verkleinern lässt, führt kein Weg daran vorbei, das nötige Kapital zu beschaffen.

Förderungen: Der oft übersehene Weg

Bevor du an Kredite oder Investoren denkst, solltest du Fördermöglichkeiten prüfen. In Österreich gibt es verschiedene Anlaufstellen:

  • Wirtschaftskammer: Erste Anlaufstelle für Informationen
  • Wirtschaftsagenturen der Länder
  • AWS (Austria Wirtschaftsservice): Förderungen für innovative Projekte
  • FFG (Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft): Speziell für forschungsintensive Vorhaben

Was wird typischerweise gefördert?

  • Investitionen in Infrastruktur (Lokale, Maschinen)
  • Anlagevermögen
  • Konkrete, greifbare Investitionen

Wichtiger Hinweis: Förderungen gibt es nicht einfach “fürs Gründen”, sondern für spezifische Investitionen und Projekte.

Vorsicht bei Förderungen

Förderungen haben auch ihre Kehrseiten:

  • Bürokratischer Aufwand
  • Förderrichtlinien müssen erfüllt werden
  • Steuerliche Behandlung variiert
  • Nicht alle Förderungen sind steuerfrei

Kredite vs. Investoren: Ein wichtiger Unterschied

Wenn Förderungen nicht ausreichen und zusätzliches Kapital benötigt wird, stehen zwei Hauptoptionen zur Verfügung:

Bankkredite: Der pragmatische Weg

Vorteile:

  • Einfacher Deal: Geld gegen Zinsen
  • Bank mischt sich nicht ins Geschäft ein
  • Volle unternehmerische Kontrolle bleibt erhalten
  • In Österreich der absolut übliche Finanzierungsweg (90-95% aller Finanzierungen)
  • Planbare Kosten durch feste Zinssätze

Nachteile:

  • Regelmäßige Rückzahlungen nötig
  • Eventuell Sicherheiten erforderlich
  • Zusätzliche Fixkosten

Investoren: Der komplizierte Weg

Nachteile:

  • Investoren wollen mitreden
  • Anteile müssen abgegeben werden
  • Komplexe Verträge und Abhängigkeiten
  • Schwer wieder “loszuwerden”
  • Mögliche Interessenskonflikte

Wann sinnvoll: Investoren sind hauptsächlich für Geschäftsmodelle sinnvoll, die sehr kapitalintensiv sind und schnell skalieren sollen – typischerweise Tech-Startups mit Wachstumspotenzial.

Der Stufenplan: Eine Geschäftsidee finanziert die nächste

Ein kreativer Ansatz ist der stufenweise Aufbau:

  1. Stufe 1: Mit vorhandenem Know-how und geringem Kapital eine erste Geschäftstätigkeit starten
  2. Stufe 2: Mit den Erlösen aus Stufe 1 die nächste, größere Geschäftsidee finanzieren
  3. Stufe 3: Schritt für Schritt zum ursprünglich geplanten Ziel

Beispiel: Anstatt sofort ein Restaurant zu eröffnen, könnte man zunächst als Caterer starten, später einen Food-Truck betreiben und schließlich das Restaurant realisieren.

Praktische Schritte für kapitalarme Gründungen

  1. Ehrliche Größeneinschätzung: Welche Mindestgröße braucht deine Geschäftsidee wirklich?
  2. Kreative Verkleinerung: Wie lässt sich die Idee mit weniger Kapital umsetzen?
    • Digitale statt physische Produkte
    • Services statt Produkte
    • Outsourcing statt eigene Infrastruktur
  3. Förderungsrecherche: Systematische Prüfung aller Fördermöglichkeiten
  4. Lean Startup Methoden: Mit minimalen Mitteln testen, ob die Idee funktioniert
  5. Partnerschaften: Kooperationen statt Konkurrenz – gemeinsam nutzen statt einzeln kaufen

Die Realität akzeptieren

Manche Geschäftsideen lassen sich einfach nicht mit wenig Kapital umsetzen. Ein Kaffeehaus schrittweise aus eigenen Mitteln aufzubauen, wird nicht funktionieren. In solchen Fällen sind nur drei Optionen realistisch:

  1. Das nötige Kapital beschaffen (Förderungen, Kredite)
  2. Partner mit Kapital ins Boot holen
  3. Die Idee (vorerst) nicht verfolgen

Ein Wort zum Schluss

Die Frage “Wie starte ich mit wenig Kapital?” lässt sich nicht pauschal beantworten. Sie hängt stark von der spezifischen Geschäftsidee ab. Der Schlüssel liegt darin, ehrlich zu bewerten, was wirklich nötig ist und was nur “nice to have”.

Oft zeigt sich: Viele Geschäftsideen lassen sich kleiner und kapitalarmer starten als zunächst gedacht. Die Kunst liegt darin, den Kern der Idee zu bewahren, während man die Ausführung an die verfügbaren Ressourcen anpasst.

Denke daran: Jedes große Unternehmen hat einmal klein angefangen. Manchmal ist der bescheidene Start sogar ein Vorteil – er zwingt zur Kreativität, hält die Kosten niedrig und bewahrt die Flexibilität, die gerade in der Anfangsphase so wertvoll ist.

Übrigens: In einem kostenlosen Gründungs-Checkup helfen wir dir gerne dabei, die richtige Größe für deine Geschäftsidee zu finden und realistische Finanzierungsoptionen zu entwickeln. Gemeinsam schauen wir, wie sich deine Vision mit deinen aktuellen Möglichkeiten bestmöglich in Einklang bringen lässt!

Die Links

Podcast Folge #48: Gründen ohne Eigenkapital: Geht das?

Den Podcast abonnieren

SpotifyApple PodcastsAmazon MusicYouTube